Große Nachfrage: Familienunterstützender Dienst erfolgreich gestartet
Wenn Eltern ein Kind mit Behinderung zu Hause betreuen, dann kostet sie das viel Kraft – besonders, wenn sie allmählich alt werden oder erkranken. Und was dann? Diese drängende Frage versucht der Familienunterstützende Dienst der Diakonischen Stiftung Ummeln zu beantworten und ein tragfähiges Unterstützungsnetz zu knüpfen.
„Meine Mutter hatte einfach keine Ressourcen mehr“, erzählt Claudia Hahne. Ihre Eltern wohnen in Bielefeld und kümmerten sich jahrzehntelang um Claudia Hahnes Schwester mit Behinderung. So konnte die Frau ein gutes Leben im Kreis ihrer Familie führen – bis irgendwann die Kräfte der betagten Eltern nicht mehr reichten. Claudia Hahne selbst wohnt im Rheinland und kann sich nur punktuell einbringen.
Foto: Diakonische Stiftung Ummeln
Situationen wie diese können zu einer tiefen Krise führen. „Immer wieder kommt es vor, dass ein Mensch mit Behinderung überstürzt in eine stationäre Einrichtung umziehen muss, weil zum Beispiel ein betreuender Angehöriger krank geworden ist“, berichtet Fabian Möller, Leiter und Koordinator des Familienunterstützenden Dienstes – Familienpate (FUD) der Diakonischen Stiftung Ummeln. Die Folgen: Nicht nur die Bezugsperson, auch das gewohnte Lebensumfeld und die eingespielten Tagesabläufe gehen abrupt verloren, ein tiefes psychologisches Loch tut sich auf. Genau dies möchte das Team des FUD verhindern, indem es ein Unterstützungsnetz knüpft – im Idealfall lange bevor die problematische Situation eintritt.
Gemeinsam mit der Rat suchenden Familie wird untersucht, wo potenzielle Herausforderungen entstehen könnten, welche Wünsche Betroffene und Angehörige haben, welche Unterstützung sie zukünftig wünschen. „Wir sehen uns jede Familiensituation genau an und entwickeln ein individuelles Konzept. Dabei nutzen wir Angebote verschiedener Träger“, erklärt Möller. Insgesamt steht er mit fast 80 Einrichtungen in Kontakt, von Anbietern der Behindertenhilfe über Schulen bis zu Kirchengemeinden oder Vereinen.
Auch Familie Hahne nutzte diese Chance. In mehreren Gesprächen wurde die Situation besprochen, Wünsche erfragt, Perspektiven diskutiert. Mit dem Ergebnis machte sich das FUD-Team daran, ein trägerübergreifendes Konzept zu entwickeln, immer nach der Maxime, so viel Unterstützung anzubieten, wie gewünscht wird, und gleichzeitig möglichst dafür zu sorgen, dass die Menschen in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben können.
So prüften Familie und FUD, ob eine ambulante Betretung die richtige Lösung sein könnte. Mittlerweile ist Claudia Hahnes Schwester in eine Wohneinrichtung gezogen, von der aus sie ihren Arbeitsplatz in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen gut erreichen kann – diese Lösung erwies sich als die bessere.
„Bei all diesen Dingen hat uns der FUD sehr geholfen, uns beraten, Kontakte hergestellt und auch organisatorisch intensiv unterstützt“, lobt Claudia Hahne. Zum Beispiel bei der Einrichtung eines Fahrdienstes, der es den beiden Senioren ermöglicht, ihre Tochter in der neuen Wohnung regelmäßig zu besuchen.
Mehr als 30 Familien in Bielefeld und im Kreis Gütersloh haben die Unterstützung des FUD bereits in Anspruch genommen, seitdem das trägerübergreifende, von der „Aktion Mensch“ geförderte Beratungsangebot 2015 gestartet wurde. Diese Zahl zeigt: Der FUD schließt eine Lücke. Denn Unterstützungen gibt es oftmals viele, doch die Familien benötigen Informationen, Beratung und Begleitung, um den richtigen Weg zu finden. „Der FUD ist eine tolle Unterstützung, unkompliziert und hilfreich“, bilanziert Claudia Hahne.
Nach dem gelungen Start und angesichts der regen Nachfrage soll das Beratungsangebot ausgebaut werden. Die Zusammenarbeit mit den Trägern der Behindertenhilfe soll vertieft, ein Elterncafé zum Austausch eingerichtet, ein Fachtag durchgeführt werden. „Außerdem möchten wir mit Hilfe ehrenamtlich engagierter Menschen auch Flüchtlingsfamilien begleiten, in denen ein behindertes Kind lebt“, berichtet Fabian Möller. In dieser Zielgruppe ist kompetente Beratung und Begleitung ebenfalls sehr willkommen.
Mehr Infos und Kontaktdaten finden Sie hier.
Gründungsimpuls aus der Fachkonferenz Behindertenhilfe
Den Anstoß zur Gründung des FuD hat die Fachkonferenz Behindertenhilfe der Stadt Bielefeld gegeben, in der das Amt für soziale Leistungen der Stadt mit den Trägern der Behindertenhilfe und Angehörigenvertretern Erfahrungen austauscht und an der Verbesserung der Betreuungsangebote arbeitet. Aus der Fachkonferenz haben die von Bodelschwinghschen Stiftungen, die Lebenshilfe Bielefeld, die Gesellschaft für Sozialarbeit, der Verein Gemeinsam Wohnen in Bielefeld, die Stadt und die Angehörigenvertreter Rolf Winkelmann und Burkhard Klaes den Aufbau des FuD durch die Diakonische Stiftung Ummeln begleitet