“Zerbrechende Welten” – Fachtag zum Thema Traumatisierung
Individuelle und kollektive Traumata: ihre Verarbeitung, ihre Folgen und ihre Behandlung. Mit diesem Thema befassten sich am 4. November in der Diakonischen Stiftung Ummeln einen Tag lang 170 Fachkräfte der Kinder-, Jugend- und Flüchtlingshilfe aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Spannende Vorträge ausgewählter Referentinnen und Referenten informierten die Teilnehmer über psychologische Erkenntnisse zur Entstehung und Verarbeitung von Traumata und lieferten wertvolle Inputs und Denkanstöße für die praktische Erziehungsarbeit.
Seien es traumatische Erlebnisse aufgrund von Missbrauch und Vernachlässigung, seien es traumatische Erfahrungen von Vertreibung und Flucht: Immer häufiger gehören Traumata und posttraumatische Belastungsstörungen zur täglichen Arbeit von Trägern der Jugend- und der Flüchtlingshilfe. „80% der Menschen, die wir betreuen, haben traumatische Erfahrungen gemacht”, berichtete bei der Eröffnung des Fachtags Doreen Putzke, Geschäftsbereichsleitung der Jugendhilfe der Diakonischen Stiftung Ummeln. Bundesweit liegt die Zahl für Einrichtungen der stationären Jugendhilfe nach den Worten von Dr. Andreas Krüger sogar noch etwas höher – bei 90%.
Krüger muss es wissen, er ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Autor mehrerer Bücher zum Thema Traumatherapie bei Kindern, die in der Fachpresse als Standardwerke gelten, darunter die „Powerbooks”. In einem lebendigen, anschaulichen Vortag informierte er sein aus pädagogischen Fachkräften bestehendes Publikum über Trauma-Folgestörungen, machte ihnen deutlich, wie sie in ihrer Arbeit typische, traumabedingte Beeinträchtigungen von Kindern und Jugendlichen erkennen und wie sie den Betroffenen helfen können. „Sie können ganz viel Gutes bewirken, auch ohne fachmedizinische Ausbildung”, so der Experte.
Aus der Perspektive der Bundeswehr betrachtete das Thema am frühen Nachmittag Dr. Karl-Heinz Biesold, Facharzt und ehemaliger Leiter der Psychotraumatologie im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg. 1750 Soldaten befanden sich nach Biesold im Jahr 2015 aufgrund von einsatzbedingten Traumatisierungen in Behandlungen, aber die Dunkelziffer sei hoch. Vor diesem Hintergrund berichtete Biesold über die Versorgungsstrukturen der Bundeswehr für Soldaten und ihre Familien. Der Familie widmet sich auch der abschließende Beitrag von Claudia Klaffs. Unter anderem mit dem Schwerpunkt Traumaberatung von Kriegsflüchtlingen arbeitet Klaffs seit 15 Jahren in der Interkulturellen Familienberatungsstelle des Arbeitskreises Neue Erziehung e.V.