Tag der Vielfalt – zwischen Regeln und Individualität
Wie bestimmen Regeln den Alltag von jungen Menschen? Wer legt sie fest und was hat das mit Inklusion zu tun? Diese Fragestellungen standen im Mittelpunkt des Tages der Vielfalt des Modellprojektes Inklusion jetzt! 15 Expertinnen und Experten der Jugendhilfe trafen sich am Dienstag, 14. Juni, in den Räumlichkeiten der FLEX® Jugendhilfe gGmbH Bielefeld. Teilnehmende der Modellstandorte Stiftung Die Gute Hand, Jugendwerk Rietberg, Johannisstift Paderborn, Christophoruswerk Lingen und der FLEX® Jugendhilfe der Diakonischen Stiftung Ummeln in Bielefeld freuten sich, erstmals in Präsenz zusammenzukommen.
Ziel des Tages: eine vielfältige Kinder- und Jugendhilfe. Insbesondere ging es darum, mit jungen Menschen darüber ins Gespräch zu kommen, wie eine diverse, inklusive Jugendhilfe aus ihrer Sicht aussehen kann.
Um unterschiedliche Sichtweisen und Haltungen erlebbar zu machen, hatten die Vertreterinnen und Vertreter der Modellstandorte sieben junge Menschen sowie weitere Fachkräfte zum Tag der Vielfalt eingeladen. Jeweils drei Gruppen arbeiteten an unterschiedlichen Fragestellungen: Junge Menschen, Fachkräfte und Projektteilnehmende. Sie diskutierten die Ergebnisse, tauschten sich über die unterschiedlichen Praktiken vor Ort aus und formulierten Wünsche für die Zukunft.
Viele Regeln – welche müssen wirklich sein?
Nach einer Kennenlernen- und Einstiegsphase ging es zunächst um Regeln. In einer ersten Runde wurde gefragt: Wie ist das bei euch vor Ort? Was gibt es für Regeln und für wen gelten sie. Danach sollten die Regeln kategorisiert werden: Gut, .okay, muss halt sein und geht gar nicht. Schnell wurde in den Arbeitsgruppen klar, wie unterschiedlich die Praktiken sein können. Die Ergebnisse wurden im Plenum vorgestellt.
Die anschließende Diskussion machte deutlich, wie stark der Alltag von Regeln bestimmt wird, die sowohl die Fachkräfte als auch die jungen Menschen häufig als nicht optimal empfinden. Einigkeit herrschte jedoch darüber, dass es ein Grundverständnis für gutes Zusammenleben benötigt. Dazu gehören „kein Alkohol, keine Drogen und ein respektvoller Umgang miteinander“.
„Genau richtig, dass ihr mich dabeihabt!“
Zitate von jungen Teilnehmenden wie „Genau richtig, dass ihr mich dabeihabt!“ oder „Gut, dass ich doch mitgekommen bin“, verdeutlichen, wie wichtig es jungen Menschen ist, an der Gestaltung von Regeln im Alltag beteiligt zu werden. Hier sehen Klientinnen und Klienten der Jugendhilfe viel Verbesserungspotenzial, findet doch die Strukturierung des Alltages in den Gruppen in ihren Augen noch ohne ausreichende Beteiligung der Adressatinnen und Adressaten statt. Dies zu verändern ist ein wichtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg zur Inklusion!
Pädagoginnen und Pädagogen? Die trinken doch nur Kaffee und stehen beim Rauchen!
Spannend waren die unterschiedlichen Sichtweisen, die nach der Mittagspause im Rahmen eines Vorurteilsbashing sichtbar wurden. Rassismus, Antifeminismus, Sexismus und andere Formen der Diskriminierung sind Hemmschuhe der Inklusion und einer vielfältigen demokratischen Gesellschaft. Umso notwendiger ist es, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Einige Dinge, die die jungen Menschen besonders beschäftigen, wurden heftig diskutiert. Zum Beispiel die Gleichstellung von Mann und Frau, ihre ungleiche Bezahlung. Auch alltägliche Sexismen wurden von den Teilnehmenden diskutiert. Bei einem waren sich die jungen Menschen jedoch einig: Pädagoginnen und Pädagogen trinken andauernd Kaffee und rauchen.
Haus der Wünsche – wie soll eine Gruppe der Zukunft aussehen
Nach diesen hitzigen Diskussionen ging es darum, den Wünschen freien Lauf zu lassen und sich einer Utopie zu widmen: Die Arbeitsgruppen sollten im Haus der Wünsche eine optimale Wohngruppe entstehen lassen. Impulse dabei waren: Was gibt Dir Sicherheit? Wo fühle ich mich wohl? Was wünsche ich mir von den Pädagoginnen und Pädagogen?
Es lohnt sich, gemeinsam ins Gespräch zu kommen
Ziel des Tages der Vielfalt war es, mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Dank der tollen Mitwirkungsbereitschaft von sieben jungen Menschen ist das gelungen. Wir danken ihnen für das Engagement, für Einsichten in ihre Erwartungen, Wünsche und Haltungen. Das nehmen wir mit als Auftrag für unsere tägliche Arbeit an einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe.