Fachtag stellt Kinder in den Mittelpunkt
Es sind viele, sie sind durch ihre familiäre Situation belastet und können selbst am wenigsten Hilfe einfordern. Die Rede ist von Kindern psychisch kranker Eltern. Ihnen die erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen, war der leitende Gedanke des Fachtages der FLEX® Eingliederungshilfe gGmbH zum Thema „Psychische Erkrankungen in Familien“.
120 Fachkräfte von Trägern der Jugendhilfe und der Behindertenhilfe folgten am 9. November 2018 im Kirchlichen Zentrum der Diakonischen Stiftung Ummeln den Ausführungen von Experten unterschiedlicher Disziplinen. Sie diskutierten Herausforderungen und entwickelten Perspektiven für abgestimmte Hilfen.
Schätzungsweise mehr als drei Millionen Kinder und Jugendliche, so die Statistiken, werden in einem Haushalt mit einem oder beiden psychisch erkrankten Elternteilen groß. Ihre Lebenswelt wird durch die Erkrankung der Eltern auf vielerlei Weise beeinflusst: Sie erleben Tabuisierung, Isolation, Schuldgefühle, ihre Überforderung und innere Not wird häufig erst dann offenbar, wenn sie in der Schule oder in ihrem Freizeitverhalten selber auffällig werden. „Um diesen Problemen angemessen zu begegnen, ist multiprofessionelles Handeln von zentraler Bedeutung“, betonte Christel Friedrichs, Geschäftsführung der FLEX® Eingliederungshilfe, zur Einführung in den Fachtag.
Den Auftakt hierzu machte Franz Schuten, langjähriger Leiter des Kinderhofes Obermeyer in Hagen am Teutoburger Wald, der auf die Bedeutung der Elternarbeit für das Gelingen von Jugendhilfemaßnahmen hinwies. Das ganze Spektrum der Akteure – freie Jugendhilfe, Jugendämter, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Elternpsychiatrie sowie schulbezogene Dienste – thematisierte im Anschluss Prof. Dr. Thomas Kronmüller. Der Ärztliche Direktor des LWL-Klinikums Gütersloh berichtete aus Forschungsprojekten zu sogenannten „Multiproblemfamilien“. Sein Fazit: „Es geht um Kooperation. Wie kann ich aus der Sicht des anderen lernen. Das ist die Einstellung, die wir jetzt kultivieren müssen“.
Den Kindern psychisch kranker Eltern eine Stimme geben, ist das zentrale Anliegen der Berliner Regisseurin und Produzentin Andrea Rothenburg. Sie zeigte auf dem Fachtag Ausschnitte aus ihren Filmen „Plan B“, „Wir sind hier“ und „Wo bist Du? – Kinder psychiatrieerfahrener Eltern im Fokus“. Mit ihrer Arbeit will Rothenburg das Thema enttabuisieren, den Betroffenen Räume und spezielle Ansprechpartner geben und um politische Unterstützung werben – auch um die Finanzierung solcher Angebote sicherzustellen. Der Frage nach Möglichkeiten vorbeugender Unterstützung von Kindern psychisch kranker Eltern widmet sich zum Schluss der Veranstaltung die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Kassel Heike Gumz.