Film und Gespräch über Zwangserkrankungen
Eigentlich hatte Oliver Sechting einen ganz anderen Plan. Einen Film über Künstler in New York wollte er machen. Heraus kam ein beeindruckendes Werk, das seine Zwangserkrankung in den Mittelpunkt stellt. Auf Einladung der FLEX® Eingliederungshilfe gGmbH stellte der Berliner seinen Film am Mittwochabend im Gütersloher Kino Bambi & Löwenherz vor.
Vier Wochen hatte sich Sechting Zeit genommen, um mit seinem Mitstreiter Max Taubert Material für den Film über New Yorker Künstler zu sammeln. Interviews mit Künstlern, Autoren und Regisseuren – zum Beispiel „Lola rennt“-Macher Tom Tykwer – waren geplant. Doch es kam anders.
Die Zwangserkrankung von Oliver Sechting belastete die Situation und rückte schließlich auch thematisch ins Zentrum. So entstand „Wie ich lernte, die Zahlen zu lieben“. „Der Film war mein öffentliches Coming-Out“, berichtet Sechting, der für einen offenen Umgang mit der Krankheit wirbt: „Es nimmt Druck“, berichtet er, „aber es hat auch viel Mut gekostet.“
Verlusterfahrung als Auslöser
Sechtings Zwangserkrankung entwickelte sich, nachdem sein Vater früh gestorben war und der junge Oliver den Verlust seiner sicheren Kindheitswelt erlebte. Ängste türmten sich auf, Rituale rund um Zahlen, Farben oder Formen entstanden – und nahmen immer größeren Raum ein. Später kamen Depressionen und eine falsche Diagnose nebst Fehlbehandlung hinzu.
Mit ihrem Film haben Sechting und Taubert viel Aufmerksamkeit erzielt, einen Preis und Sendetermine im Fernsehen inbegriffen. Als Filmemacher sieht Oliver Sechting sich heute nicht, eher als Künstler. Beruflich hat er ohnehin zwei Standbeine. Neben der Arbeit für seinen Lebenspartner, den Regisseur Rosa von Praunheim, ist er als Sozialpädagoge in der Seniorenarbeit tätig.
Nach dem Film diskutierte Oliver Sechting mit Professor Dr. Klaus-Thomas Kronmüller, Chef des LWL-Klinikums Gütersloh sowie Teamleitung Elke Schönicke und Geschäftsführerin Nadine Beyerbacht von der FLEX® Eingliederungshilfe gGmbH. Das Tochterunternehmen der Diakonischen Stiftung Ummeln beteiligt sich mit der Veranstaltung an der 4. Gütersloher Woche der seelischen Gesundheit, die das Gütersloher Bündnis gegen Depressionen organisiert hat.