Kinder haben Rechte – und zwar alle Kinder. In der Jugendhilfe der Diakonischen Stiftung Ummeln dürfen die jungen Menschen Ideen einbringen und mitbestimmen.
„Räum jetzt endlich dein Zimmer auf, sonst gibt’s kein Taschengeld.“ In vielen Familien ist das eine gern gebrauchte Drohung. Jana Engel verzichtet auf
solche Sätze. Die jungen Menschen, die sie betreut, haben schließlich ein Recht auf Taschengeld. Auf den ersten Blick ist das ein banales Thema, doch
es steckt mehr dahinter: Es geht um die Haltung, mit der die Jugendhilfe der Diakonischen Stiftung Ummeln ihre Arbeit tut. „Kinder und Jugendliche haben
das Recht, sich zu informieren und mitzubestimmen“, erklärt Jana Engel.
Sechs junge Menschen betreut sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen in der Intensivwohngruppe der Diakonischen Stiftung Ummeln. Sie bieten den jungen
Menschen dort ein neues Zuhause auf Zeit und versuchen, sie fit zu machen für ein selbstständiges, eigenverantwortliches Leben. Und dazu gehört nun einmal, das Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Mitbestimmung als zentrales Thema
Was bedeutet mitbestimmen im Alltag? Für viele junge Menschen, die in den Einrichtungen der Diakonischen Stiftung Ummeln leben, ist das oftmals ein eher unbekanntes Thema. Genau aus diesem Grund wurden die Themen „Kinderrechte“ und „Mitbestimmung“ bereits vor mehreren Jahren eine zentrale Grundlage der Arbeit in den Einrichtungen der Jugendhilfe der Diakonischen Stiftung Ummeln.
Ein erster wichtiger Schritt war die Einrichtung eines Jugendhilfe-Beirats. Regelmäßig treffen sich je ein Vertreter jeder Einrichtung, um aktuelle Themen zu besprechen und Erfahrungen auszutauschen. Jana Engel und Kollegin Silke Tresselt aus der Mutter-/Vater- Kind-Wohngruppe Veerhoffstraße organisieren und begleiten die Arbeit des Beirats mit viel Engagement von
der ersten Stunde an. Zudem arbeitet ein Vertreter des Beirats in einem Gremium der Diakonischen Stiftung Ummeln mit, das Vorschläge für die Verwendung von Geldspenden erarbeitet.
2015 folgte ein weiterer Schritt: Auf einem Partizipationstag entwickelten die jungen Menschen zwölf Punkte, die ihnen in Sachen Kinderrechte und Mitbestimmung wichtig sind. Dazu entstanden Texte und Collagen: vom Recht auf Freizeit oder Eigentum bis zum Hilfeplangespräch.
Über Rechte und Pflichten informieren
Die jungen Leute können sich informieren, welche Rechte sie haben und welche Pflichten bestehen. Da geht es um Grundsätzliches wie Hilfeplanung oder Privatsphäre – wann darf zum Beispiel der Betreuer das Zimmer betreten? Aber auch um Alltägliches wie die Frage, ob man die Wand seines Zimmers neu streichen darf – und die Pflicht, die Farbe wieder zu entfernen, weil der neue Bewohner vielleicht einen anderen Geschmack hat.
„Wir tauschen uns in der Wohngruppe über immer mehr Themen aus, besprechen zum Beispiel die Gruppenregeln“, berichtet Jana Engel. Manchmal entwerfen die jungen Menschen im Austausch mit den Mitarbeitenden in ihrer Einrichtung sogar ihren Hilfeplan selbst und überlegen, was für sie das Beste wäre. Damit wächst auch die Verantwortung der jungen Menschen für ihr eigenes Leben – ein wichtiger Lerneffekt.
Viele neue Ideen entstehen
Durch ihre Arbeit im Beirat treten mittlerweile die jungen Menschen sogar gruppenübergreifend immer mehr in Kontakt. Erfahrungen werden ausgetauscht, Pläne für gegenseitige Besuche oder Freizeitaktivitäten geschmiedet. „Das läuft sehr gut und es entstehen viele neue Ideen“, freut sich Jana Engel.
Kinder haben Rechte – macht das die Arbeit der Betreuenden nicht schwieriger? Diskutieren und argumentieren, immer wieder die Warum-Frage – wird das nicht sehr anstrengend? Jana Engel schüttelt den Kopf: „Alles eine Frage der Einstellung. Die bei uns lebenden jungen Menschen können zu vielen Dingen etwas beitragen, da sie sich selbst am besten kennen und die
Experten für ihr eigenes Leben sind. So finden wir gemeinsam einen guten Weg.“ Zumal, so Engel, die jungen Menschen eine andere Perspektive als die Mitarbeitenden haben und ihre eigenen Bedürfnisse einbringen können. Schließlich geht es ja um sie.