Geschäftbericht 2022 der Diakonischen Stiftung Ummeln
“Unser Gott ist ein Gott des Friedens.“
So heißt es programmatisch in einem der ältesten noch erhaltenen Dokumente aus der Gründungsphase der heutigen Diakonischen Stiftung Ummeln. Ein christlicher Kernsatz – auch wenn das Jahr 2022 in erschreckender Weise deutlich gemacht hat, wie weit die Welt von diesem Frieden noch entfernt ist.
Dem Frieden verpflichtet sein und für ihn zu arbeiten, das bedeutet im Alltag der Stiftung, Menschen dabei zu unterstützen, für sich ein gutes und erfülltes, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortlich gestaltetes Leben zu finden. „Unsere Teams helfen Kindern und Jugendlichen beim Start ins eigenständige Leben, begleiten Familien in Krisensituationen und unterstützen Menschen mit Behinderungen insoweit, dass ihr Handicap sie nicht mehr so stark bremst. Wir ebnen Wege, die die Menschen dann beschreiten können – so schnell sie möchten und wohin sie möchten.“
So heißt es in den leitenden Sätzen der Stiftung. Dafür setzten sich Mitarbeitende in allen Bereichen der Stiftung auch im Jahr 2022 wieder ein.
Auch im Jahr 2022 große Herausforderungen durch die Pandemie
Die Hoffnung, dass 2022 nun endlich die Pandemie überwunden ist, erfüllte sich leider nicht. Die anstrengende und herausfordernde Aufgabe, alle Hilfs- und Unterstützungsangebote aufrecht zu erhalten, prägte das vergangenen Jahr.
Viele Klient*innen und Mitarbeiter*innen erkrankten zum zweiten und zum dritten Mal. Aber trotz aller Schwierigkeiten konnten die damit verbundenen Herausforderung bewältigt werden – dank der großartigen Hilfs- und Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter*innen. Ihnen gilt auch nach dem dritten Pandemie Jahr unser besonderer Dank.
Das Bundesteilhabegesetz – eine neue Ausrichtung für die Eingliederungshilfe
Der Grundsatz, von den Klient*innen aus zu denken, von ihnen aus Hilfebedarfe zu ermitteln und entsprechende Unterstützungsangebote zu entwickeln, ist nicht neu. Er bilden schon lange die Basis auch unserer Eingliederungshilfe und hat sich in der Praxis bewährt.
Neu aber ist die Konzentration auf Leistungen, die möglichst direkt den Menschen zugutekommen. Sie werden noch konsequenter als bisher von den Bedürfnissen und Bedarfen der Klient*innen her entwickelt. Diesen Ansatz unterstützen wir. Denn er entspricht den Forderungen der Behindertenrechtskonvention und stärkt die Rechte und die Selbstbestimmung der Menschen, die auf Assistenz und Förderung angewiesen sind.
Der hohe Anspruch ist allerdings in der Umsetzung mit erheblichen Kosten verbunden. Wie alle Träger der Eingliederungshilfe steht deshalb auch die Diakonische Stiftung Ummeln in intensiven Gesprächen mit dem Kostenträger. Dabei geht es darum, wie die bereits für Nordrhein-Westfalen beschlossene Rahmenvereinbarung zum Bundeteilhabegesetz umgesetzt und für die Klient*innen der Stiftung finanziert werden kann.
Neue Wohnangebote in den Sozialräumen der Region
Dem Teilhabegrundsatz, wie er im Bundesteilhabegesetz Deutschlands enthalten ist, folgt die Diakonische Stiftung schon seit langem. Menschen mit Einschränkungen wollen und sollen teilhaben an ihrer Lebenswelt und den Lebensmöglichkeiten, die ihnen ihr vertrautes Umfeld ermöglichen kann. Deshalb hat sich die Stiftung Ummeln gemeinsam mit der Stiftung Mensch bereits vor elf Jahren auf den Weg gemacht in die Wohnquartiere und Sozialräume der Region. Ein umfassender Dezentralisierungsprozess und Aufbau neuer kleinerer Häuser und überschaubarer Wohnmöglichkeiten in Borgholzhausen, Schloss Holte, Versmold und Bielefeld waren die Konsequenz.
Im Jahr 2022 sind 24 Menschen mit Unterstützungsbedarf in das neugebaute Haus an der Kreuzung Gütersloher/Steinhagener Straße in Bielefeld-Ummeln eingezogen. Neben dem Wohnangebot entstanden auf dem Gelände des ehemaligen Gasthofs Gröppel fünf Wohnungen, die auf dem freien Markt zur Vermietung angeboten werden. Sehr gute Bedingungen für die neuen Bewohner*innen: Menschen mit und ohne Behinderung werden hier Haustür an Haustür leben.
Die angespannte Finanzlage, die hohen Baukosten und Zinsen, aber auch die Materialknappheit stellen eine große Herausforderung für die bauliche Weiterentwicklung der Diakonischen Stiftung Ummeln dar. Trotzdem hat der Aufsichtsrat im Jahr 2022 beschlossen, mit der Umsetzung des Bauvorhabens am Stadtring in Bielefeld – Brackwede den Dezentralisierungsprozess der Kerngelände in Ummeln und Werther zum Abschluss zu bringen. Dort werden 21 Menschen mit Unterstützungsbedarf ein stadtnahes und modernes neues Zuhause finden.
Jugendhilfe – angekommen in den Sozialräumen
Eine lange Tradition ist im Jahr 2022 zum Abschluss gekommen. Über 100 Jahre war die Diakonische Stiftung Ummeln am Standort Ummeln mit Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe präsent. Im Februar 2022 hat nun mit dem Umzug der Mutter-Vater Kind Wohngruppe vom Standort Ummeln nach Verl das letzte Angebot der Jugendhilfe das Zentralgelände verlassen.
Die Corona-Pandemie hat verhindert, dass wir ein großes Einweihungsfest feiern konnten. Vielleicht können wir es in diesem Sommer nachholen. In jedem Fall aber freuen wir uns, dass unsere Kinder-, Jugend- und Familienhilfe mit einer Vielzahl von stationären und ambulanten Unterstützungsangeboten nun in zahlreichen Regionen von Westfalen und Lippe in den Lebenswelten und Sozialräumen präsent ist.
Pflegedienst – hohe Bedarfe und hohe Nachfrage – und großer Mangel an Fachkräften
Die FLEX® innoCare gGmbH wird weiterhin sehr gut angefragt. Und das hat gute Gründe: Viele pflegedürftig gewordenen Menschen wollen solange wie möglich in ihrer eigenen vertrauten Häuslichkeit leben und dort betreut und gepflegt werden. Allerdings stellt die Personalakquise weiterhin eine besonders große Herausforderung dar, sodass wir auch im Jahr 2022 nicht alle Anfragen bedienen konnten.
Qualifiziertes und engagiertes Personal gewinnen – die Diakonische Stiftung Ummeln als attraktiver Arbeitgeber
Untersuchungen und Befragungen zeigen es klar und deutlich: Menschen suchen eine berufliche Arbeit, die sicher ist und gut bezahlt wird, die eine gute Atmosphäre bietet und Sinn macht.
Wir sind überzeugt: Die Diakonischen Stiftung Ummeln bietet dies. Einen attraktiven Gehaltstarif mit zahlreichen Sonderleistungen und einer Alters–Zusatzversorgung. Sie legt Wert auf kollegiale Arbeit in Teams, Eigenverantwortlichkeit und Mitbestimmung der Mitarbeiter*innen. Und vor allem: Die Arbeit mit Menschen, die auf Hilfe, Unterstützung, Begleitung und Förderung angewiesen sind, ist erfüllend und sinnvoll. Das erleben täglich ca. 700 Mitarbeiter*innen und über 1000 Klient*innen.
Trotzdem – neue Wege sind gefragt, um Menschen für die soziale Arbeit und die Mitarbeit in der Diakonischen Stiftung Ummeln zu gewinnen. Wir freuen uns, dass es in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gelungen ist, deutliche Erhöhungen in den Entgelten für zusätzliches Personal im Bereich der Auszubildenden, von Praxisintegrierter Ausbildung und dualem Studium zu erzielen. Zusätzlich unterstützen wir diese Maßnahmen durch die Begleitung der Auszubildenden über interne Workshops und Schulungen sowie Vernetzung und Hospitationsmöglichkeiten. Wir hoffen, auf diesem Weg neue und potentiell langfristige Mitarbeitende für die Arbeit der Diakonischen Stiftung Ummeln gewinnen zu können.
Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten
Die insgesamt schwierigen und labilen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind natürlich auch in der Diakonischen Stiftung Ummeln spürbar. Die Covid-19-Pandemie, der Krieg in der Ukraine mit den daraus folgenden Konsequenzen einer Energiekrise, hohen Ausgaben der öffentlichen Hand zur Stabilisierung der Wirtschaft, der Einkommen und der energetischen Versorgung, Inflation sowie die hohen Steigerungen der Personal- und Sachkosten betreffen auch die soziale Arbeit und die wirtschaftliche Situation der Stiftung.
Deshalb haben sich Geschäftsführungen, Vorstand und Aufsichtsgremium der Diakonischen Stiftung im Jahr 2022 darauf verständigt, den bestehenden Angeboten sowie der fachlichen und organisatorischen Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe und Jugendhilfe unbedingte Priorität einzuräumen. Ergänzende Dienste und Tätigkeitsfelder können zukünftig nur in dem Rahmen weitergeführt oder neu aufgebaut werden, wie eine auskömmliche Finanzierung sichergestellt ist.
Vorstandswechsel
Nach dem beruflichen Wechsel des kaufmännischen Vorstandes bereits im letzten Quartal 2021 schied auch der theologische Vorstand der Stiftung Mitte 2022 altersbedingt aus. Ein Interimsvorstand verantwortete bis Ende 2022 die Leitung der Stiftung.
Als Nachfolger in der Vorstandsarbeit und als Geschäftsführer der Tochtergesellschaften konnte der Aufsichtsrat Herrn Marc Korbmacher gewinnen, der als langjähriger erfahrener und erfolgreicher Geschäftsführer der Diakonie für Bielefeld in der Stadt Bielefeld und in den angrenzenden Regionen bestens vernetzt und bekannt ist. Herr Korbmacher hat seine Vorstandstätigkeit Anfang dieses Jahres 2023 aufgenommen.
Unser Dank
Die Arbeit der Diakonischen Stiftung Ummeln dient ausschließlich gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken. Anders als Privatanbieter von sozialer Arbeit hat die Diakonische Stiftung keine Gewinnerzielungsabsicht. Sie stellt alle eventuell entstehenden Überschüsse wieder für die diakonische Arbeit zur Verfügung. So erfüllt sie ihren Auftrag, Nächstenliebe zu praktizieren und dem Gemeinwohl zu dienen.
Dabei wissen wir uns von vielen Menschen unterstützt – zu allererst von unseren Mitarbeiter*innen. Deshalb gilt ihnen unser besonderer Dank. Denn erst ihr Engagement ermöglicht die Erfüllung unseres Auftrags. Zugleich gilt unser Dank denen, die unsere Arbeit ehrenamtlich unterstützen, den Förderern unser Arbeit in Kirche und Öffentlichkeit, unseren Partnern in Politik und Verwaltung, den Spender*innen für Projekte und Arbeitsfelder.
Sie alle tragen dazu bei, dass wir unseren Auftrag erfüllen können: den Frieden und die Liebe Gottes für Menschen, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, zu leben und an sie weiterzugeben.
Bielefeld, im März 2023
Der Vorstand
Kennzahlen der Diakonischen Stiftung Ummeln (Stichtag 31.12.2022)
1. Anzahl der Klient*innen
Bereich | Bielefeld | Kreis Gütersloh | Ambulant | Summe |
Anzahl der Klient*innen | 133 | 216 | 170 | 519 |
Weiblich | 54 | 87 | 92 | 233 |
Männlich | 79 | 128 | 78 | 285 |
Divers | 0 | 1 | 0 | 1 |
Altersdurchschnitt | 47,8 | 48,2 | 46 | 47,3 |
Bereich | Regel-Intensiv | Mutter-Vater-Kind | Stat. Einzelwohnen | Brilon | Ambulant | Summe |
Anzahl der Klient*innen | 31 | 67 | 32 | 20 | 278 | 428 |
Weiblich | 24 | 42 | 23 | 0 | 114 | 203 |
Männlich | 7 | 25 | 9 | 20 | 164 | 225 |
Divers | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Altersdurchschnitt | 15,3 | 13,1 | 15,4 | 14,8 | 16 | 14,9 |
Bereich | Bielefeld | Kreis Gütersloh | Summe |
Anzahl der Klient*innen | 49 | 16 | 65 |
Weiblich | 37 | 10 | 47 |
Männlich | 12 | 6 | 18 |
Divers | 0 | 0 | 0 |
Altersdurchschnitt | 72 | 74 |
2. Anzahl der Mitarbeiter*innen
Bereich | Vollzeitstellen | Kopfzahl |
Anzahl der Mitarbeiter*innen insgesamt | 526,2 | 696 |
Stiftung | 79,93 | 104 |
FLEX® Eingliederungshilfe | 297,31 | 399 |
FLEX® Jugendhilfe | 132,49 | 170 |
FLEX® Inklusive Service gGmbH | 6,07 | 9 |
FLEX® innoCare gGmbH | 10,4 | 14 |
3. Umsatzerlöse (inkl. Intercompany)
Umsätze | 2022 |
Stiftung | 12.589.000 |
FLEX® Eingliederungshilfe | 25.011.000 |
FLEX® Jugendhilfe | 11.924.000 |
FLEX® Inklusive Service gGmbH | 750.000 |
FLEX® innoCare gGmbH | 487.000 |
Umsätze gesamt | 50.761.000 |
4. Investitionen
Investitionen | 2022 |
Stiftung | 4.831.000 |
FLEX® Eingliederungshilfe | 275.000 |
FLEX® Jugendhilfe | 162.000 |
FLEX® Inklusive Service gGmbH | 0 |
FLEX® innoCare gGmbH | 0 |
Investitionen gesamt | 5.268.000 |