Welche Voraussetzungen braucht man, um ein Pflegekind aufzunehmen?
Grundsätzlich müssen Sie über ausreichend Wohnraum verfügen, über körperliche und seelische Gesundheit, über ein einwandfreies erweitertes polizeiliches Führungszeugnis sowie über ausreichende finanzielle Mittel für Ihre Kernfamilie/ Pflegepersonen. Diese Voraussetzungen sollten grundsätzlich vorhanden sein.
Es gibt jedoch auch Kriterien, an denen Sie selber im Rahmen des Bewerberverfahrens prüfen können, ob Sie sich für diese Aufgabe bereit fühlen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern des Kindes, Empathie und auch die Reflexionsfähigkeit sind wichtige Voraussetzungen, um ein Pflegekind aufnehmen zu können. Ebenso die Bereitschaft, mit dem Jugendamt und dem Familium® Fachdienst vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und an der Hilfeplanung und Zielerreichung mitzuwirken.
Warum werde ich überprüft/ soll ich mich bewerben?
Die Überprüfung bzw. das Bewerberverfahren dient dazu, Sie als Familie oder Pflegepersonen gut kennenzulernen und gemeinsam zu einer Einschätzung zu kommen, ob und welches Kind von Ihrer Familie gut betreut/begleitet werden kann.
Wie sieht das Bewerberverfahren aus?
Zeitlich muss für das Bewerberverfahren ungefähr ein halbes Jahr eingeplant werden.
Folgende Inhalte sind Teil des Bewerberverfahrens:
– Informationsgespräch oder Informationsabend
– Bewerberseminar (beinhaltet fünf Schulungsabende)
– Schriftliche Belege durch die Bewerber
– Einzelgespräche
– gemeinsame Einschätzung zur Aufnahme eines Pflegekindes
Wer kann sich bewerben?
Jede Person oder Familie kann sich für eine Pflegschaft bewerben: Familien (mit und ohne Kindern), Einzelpersonen, gleichgeschlechtliche Partner.
Was bedeutet Ortszuständigkeit?
Grundsätzlich ist jedes Jugendamt im Wohnort der interessierten Bewerber zuständig für die Eignungsprüfung und Beratung der Bewerber zum Thema des Pflegekinderwesens. Durch das Wunsch- und Wahlrecht kann jedoch die Familie wählen, durch welchen Dienst sie diese Beratung und Eignungsprüfung in Anspruch nimmt.
Wurde ein Kind in die Bewerberfamilie aufgenommen, wechselt nach zwei Jahren die Zuständigkeit des Jugendamtes an den Wohnort der Pflegefamilie. In der Regel ist eine Weiterberatung durch den Familium® Fachdienst möglich.
Gibt es eine Altersbegrenzung?
Erstmal gibt es keine Altersbegrenzung. Je nach Pflegeform macht es auch Sinn, unterschiedliche Altersstrukturen der Familien zu berücksichtigen. In der Vollzeitpflege wird von einem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis gesprochen, welches ungefähr bei maximal 40 Jahren zum jeweiligen Alter des Kindes liegt.
Wie ist die rechtliche Grundlage?
Rechtliche Grundlagen können, je nach Ausgangslage, unterschiedlich sein. Einschlägige Rechtsvorschriften sind § 33, 34, 35a, 41, 42 SGB VIII sowie § 80 SGB IX.
Für die Unterbringung von Kindern in Vollzeitpflege gilt der § 33 SGB VIII.
Was dürfen Pflegeeltern entscheiden?
Als Pflegeeltern haben Sie die sogenannte Alltagssorge. Vereinfacht gesagt, können sie die Dinge des alltäglichen Lebens entscheiden. Das sind Entscheidungen wie z.B. die Wahl der Kleidung, Haarschnitt, welchen Arzt das Kind aufsucht, was gegessen wird und vieles mehr. Wesentliche, lebensverändernde Entscheidungen (Kindergarten, Schule, Auslandsreisen, gesundheitliche Eingriffe) können Sie nicht alleine treffen. Sie werden jedoch an der Entscheidung beteiligt.
Was sind die Aufgaben von Pflegeeltern?
Aufgaben der Vollzeitpflegepersonen
Die Aufgaben der Pflegefamilien werden regelmäßig mit der Fachberatung des Familium® Fachdienstes besprochen. Grundsätzlich ist die Versorgung und Förderung der Kinder im Alltag die Kernaufgabe. Daneben gilt es, die individuellen Bedarfe der Kinder zu berücksichtigen und gemäß der Hilfeplanung umzusetzen.
Aufgaben der Bereitschaftspflegepersonen
Bereitschaftspflegestellen müssen kurzfristig zur Aufnahme eines Kindes bereit sein. Die Anforderungen an die Betreuung sind aufgrund der meist unvorhergesehenen Unterbringung der Kinder hoch. Die Kinder werden im Rahmen des Kinderschutzes ad hoc aus den Herkunftsfamilien genommen und in der Pflegefamilie untergebracht. Diese besondere Form der Pflegefamilie bedarf intensiver Beratung und Unterstützung.
Wie werde ich durch das Jugendamt kontrolliert?
Mit der Aufnahme eines Pflegekindes verpflichten Sie sich zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt. Grundsätzlich soll diese Zusammenarbeit vertrauensvoll geführt werden, so dass regelmäßige Begleitung und Besuche keinen kontrollierenden Zwangscharakter haben. Dennoch ist das Jugendamt verpflichtet, das Wohl des Kindes zu prüfen.
Kann es sein, dass Pflegekinder wieder zurück zu ihren Eltern kommen?
Grundsätzlich stellt das Leben in einer Pflegefamilie eine Hilfe zur Erziehung für die Eltern des Kindes dar. Wenn diese wieder in der Lage sind, die Erziehung vollumfänglich zu übernehmen, besteht die Möglichkeit, dass Kinder zu ihren Eltern zurückkehren. Hierbei spielen dann sehr viele Faktoren eine Rolle, so dass an dieser Stelle keine gesicherte Auskunft für den Einzelfall gegeben werden kann. Dazu erfahren Sie mehr im gesamten Bewerberverfahren.
Was bedeutet Biografiearbeit?
Das Wissen um die eigene Lebensgeschichte, den familiären Kontext und die gesellschaftlichen Bedingungen prägen das Leben eines Menschen. Sowohl negative als auch positive Ereignisse wirken sich auf die Phasen der Kindheit, des Jugend- und Erwachsenenalters aus.
Biografiearbeit ist eine gute Möglichkeit, den eigenen Lebensweg mit seinen Krisen, Stärken und Brüchen besser zu verstehen und zu akzeptieren. Durch die Darstellung von Vergangenem und Gegenwärtigem werden für die Kinder Nachreifungsprozesse angeregt. Wenn Kinder ihre Geschichte verstehen und sich als Beobachter ihres Fühlens und Handelns wahrnehmen, kommen sie mit sich selbst und anderen besser in Kontakt. Sie bekommen ein klareres Bild, wie sie ihr Leben aktiv gestalten können.
Biografie bedeutet Lebensbeschreibung. Wir verstehen Biografiearbeit als eine konkrete ressourcenorientierte Methode, mit der Pflegekinder unterstützt werden, sich selbst und ihre Geschichte besser zu verstehen und annehmen zu können. Der Umfang ist für jedes Kind individuell, die Ausgestaltung hängt im Wesentlichen von der jeweiligen Situation des Kindes ab und bedarf der Abstimmung aller Beteiligten (vgl. Wiemann, Lattschar, Schwierige Lebensthemen für Kinder in leicht verständliche Worte fassen, Weinheim, 2019).
Welche Kinder werden in Pflegefamilien vermittelt?
Wir vermitteln Kinder von 0 bis 18 Jahren. Die Gründe, warum ein Kind nicht mehr bei seinen Eltern leben kann, sind sehr individuell und vielfältig. Ebenso die Erfahrungen, die das Kind mitbringt und die Bedarfe, die das Kind hat.
Wozu sind Fortbildungen gedacht?
Wir bieten Fortbildungen an, um Pflegeeltern fortlaufend bei ihren Aufgaben in der Betreuung der Pflegekinder zu unterstützen. Es gibt oft Situationen, mit denen man nicht gerechnet hat. Dann kann ein Themenabend und/ oder ein Austausch dazu wichtige Hilfestellungen bieten.
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